Reichen E-Mail und Excel und vielleicht noch eine Branchensoftware oder ein ERP-Programm aus für die Arbeit im Office? Nein. Oder jedenfalls tun Sie sich keinen Gefallen damit, ihre Kompetenz darauf zu beschränken. Um flüssig zu kollaborieren — mit Kollegen wie Kunden — oder auch nur für sich selbst Dinge zügig zu erledigen, sind weitere Tools wenn schon nicht unerlässlich, so doch sehr, sehr hilfreich.
Das Problem
Als Beispiel möchte ich Ihnen vorstellen, wie ich in diesen Tagen mit der Änderung meiner Bankverbindungen umgegangen bin: Ich wollte meine Konten bei der GLS Bank aufgeben und zukünftig all meine Zahlungen und Geldeingänge über ein schon lange existierendes Konto bei der Comdirect Bank abwickeln.
Das hört sich einfach an — im Detail hängt aber viel dran. Natürlich kann ich ab heute bei Überweisungen einfach vom Comdirect-Konto zahlen. Was ist aber mit all den Parteien, die über Daueraufträge, Lastschriftmandate und Kreditkartenhinterlegungen ohne mein Zutun Geld von den GLS-Konten einziehen? Die muss ich über meine neue Bankverbindung informieren; entweder ich stelle bei ihnen direkt die neue Bankverbindung z.B. in einem online Portal ein (Beispiel: Amazon, Netflix) oder ich muss ihnen eine E-Mail mit meiner neuen Kontoverbindung schreiben (Beispiel: Steuerberater, Versicherung).
Aber wer sind all diese Parteien? Ich hatte keine Ahnung. Einige waren mir bewusst, andere nicht, weil Kontobewegungen zu ihnen selten sind.
Mein Problem war also, dass ich zuerst einen Überblick gewinnen musste, wer die zu informierenden Parteien sind. Erst dann konnte ich die eigentliche Umstellung vornehmen/anstoßen.
Und so ist es dann gelaufen:
Der Lösungsansatz
Meine Idee ist, dass ich alle Buchungen der letzten 12 Monate durchgehe und notiere, wer der Transaktionspartner war. Dabei werden Muster offenkundig: Wenn es z.B. 500 Buchungen sein sollten, stecken dahinter vielleicht nur 30 relevante Partner. Diese Partner schreibe ich mir auf und gehe sie einzeln durch. Fertig. Wie schwierig kann das sein?
Bei der GLS Bank habe ich zwei Konten und eine Kreditkarte. Wenn ich mir die Darstellung der Buchungen dort allerdings anschaue, finde ich das nicht hilfreich für meine Zwecke. Online all die Kontobewegungen durchzugehen und bei jeder zu schauen, welchem Partner sie zuzuordnen ist, klingt für mich nicht verlockend. Frustration und Fehler scheinen mir vorprogrammiert.
Zum Glück bietet die GLS Bank eine Export-Funktion. Ich kann die Kontobewegungen als Excel-Dateien herunterladen:
In Excel sind die Daten strukturiert und ich kann mich darin schnell hin und her bewegen, um z.B. Annotationen anzubringen. Dennoch zweifle ich, dass das Schweizer Taschenmesser unter den digitalen Office-Tools mir wirklich eine Hilfe ist. Die Daten sind präzise, aber unübersichtlich. Ich sehe das Wesentliche im Rauschen nicht. Und selbst wenn ich überflüssige Spalten lösche, bietet mir Excel immer noch nur eine einzige Sichtweise auf die Daten: eine Tabelle.
Mit Filtern kann ich die einschränken, aber darin frei suchen und Muster sehen, ist trotzdem schwierig.
Nein, Excel taugt mir nicht. Ich brauche ein Werkzeug, mit dem ich schnell eine Datenbank aufsetzen kann, in der ich die Daten flexibel selektieren und “von verschiedenen Seiten betrachten” kann.
Meine Wahl fällt auf Notion. Es ist auch ein Tausendsassa, aber der anderen Art. Excel ist fokussiert auf Tabellen und Berechnungen. Notion ist spezialisiert auf Knowledge-Management mit unstrukturierten Daten (Texten) wie auch strukturierten (Datenbanken). Seit einigen Jahren gehört Notion zu meinem digitalen Werkzeugkasten; ich möchte es nicht mehr missen.
Die Daten nach Excel zu exportieren, war nicht falsch. Sie sind ein guter Ausgangspunkt, denn ich kann sie nach Notion importieren. Erst dort werde ich mich mit ihnen näher beschäftigen.
Die Durchführung
In Notion lege ich für die Daten aus den beiden Konten und der Kreditkarte jeweils eine Datenbank an. Jede Datenbank bekommt in Notion eine eigene Seite, die — wie in einem Wiki — hier in einer anderen zusammengefasst werden:
1. Datenimport
Der Inhalt dieser Datenbanken ist nach dem Import der Kontobewegungen natürlich genauso verrauscht wie in der Excel-Datei.
Aber in Notion ist es ganz einfach, Spalten zu verschieben (1) und nicht relevante Spalten auszublenden (2).
Was nach wenigen Handgriffen übrig bleibt, ist auf den Punkt. Ich sehe ganz klar, wann welcher Betrag “in welche Richtung” (Zahlungseingang/-ausgang) zu/von wem (Partei) auf der Basis welcher Art “Vertrag” (z.B. Lastschrift, Dauerauftrag) geflossen ist.
Diese Tabelle kann ich nun sehr leicht grundsätzlich filtern, sortieren oder nur mit einem Suchbegriff einschränken. Als Beispiel die Buchungen für ÖPNV-Fahrscheinkäufe bei meinen letzten Besuchen in der Alten Heimat Hamburg. Die Eingabe des Suchbegriffs (1) lässt die angezeigten Kontobewegungen auf die zusammenschnurren, in denen er in einer der Spalten vorkommt:
2. Parteien identifizieren
Um die Parteien mit ihren Kontobewegungsmustern zu finden, schaue ich grob über die Tabelle nach Schlagworten, die mir ins Auge springen, z.B. “Hochbahn” oder “Haftpflichtversicherung” oder “Netflix”.
Dann gebe ich ein Schlagwort kurz im Suchfeld ein, so dass nur noch zugehörige Kontobewegungen zu sehen sind. Die markiere ich mir mit einem Stichwort.
Dafür allerdings muss ich die Datenbanken erweitern. Ich füge zwei Spalten hinzu, eine für Zahlungseingänge und eine für Zahlungsausgänge. (Später stellt sich heraus, dass diese Differenzierung nicht nötig war; eine Spalte hätte zur Kategorisierung genügt. Am Anfang jedoch schien es mir sinnig, nicht alles in einen Topf zu werden.)
Die durch den Suchbegriff eingeschränkten Datensätze kann ich in einer der Spalten jetzt sehr schnell zusammenfassen.
So schaffe ich es, innerhalb von 15 Minuten allen Bewegungen eines Kontos eine Partei zuzuordnen. Das Ergebnis sind recht bunte Eingang-/Ausgang-Spalten:
Jetzt stellt sich nur die Frage: Welche Parteien gibt es denn überhaupt? Um das herauszufinden, lasse ich mir die Konto-Datenbanken von Notion in anderer Weise anzeigen: Ich “drehe” sie von einer Tabellendarstellung in eine Spaltendarstellung. Als Quelle für die Spaltenwerte (1) wähle ich z.B. die in der Ausgang-Spalte:
Die Kontobewegungen stehen jetzt gruppiert nach Ausgang-Kategorie als “Karten” in den Spalten. So kann ich schnell sehen, dass es bei diesem Konto nur 10 Partner gibt, die ich über die neue Kontoverbindung informieren muss.
Genauso verfahre ich mit der Eingang-Spalte und den anderen Datenbanken. Damit ist die erste Phase der Kontoumstellung abgeschlossen.
3. Kontoverbindung umstellen
In drei Datenbank steckt die Information über die zu informierenden Partner. Die will ich für den letzten Schritt noch zusammenfassen. Dafür lege ich mir eine neue Datenbank an, in die ich die Partner übertrage. Dabei klassifiziere ich wiederum mit einer Tätigkeit, z.B. ob es um einen Dauerauftrag.
Um diese Liste systematisch abzuarbeiten, projiziere ich sie wiederum in eine Spaltendarstellung. Jetzt ist der Fokus die Klassifikation der Tätigkeit. Z.B. kann ich Daueraufträge in einem Rutsch beim GLS online Banking löschen und bei der Comdirect eintragen.
Viele Umstellungen kann ich sofort durchführen. Manche Parteien muss ich jedoch per E-Mail informieren und muss abwarten, ob es klappt. Deshalb gibt es noch eine Dritte Sichtweise auf die Parteien: ein Aufgabenbrett.
Dort sind die Parteien den typischen Fortschrittsspalten zugeordnet:
Manche Parteien muss ich noch informieren (To-do).
Manche Parteien sind schon informiert (Complete).
Und bei manchen konnte ich nur die Umstellung anstoßen (In Progress).
Auf diese Weise behalte ich im Blick, was noch zu tun bzw. zu beobachten ist. Das Erledigte ist bequem unter Complete “weggeklappt”; das muss mich nicht mehr interessieren.
Fazit
Um ehrlich zu sein, hatte ich die Aufgabe meiner GLS Bank Konten vor mir hergeschoben, weil ich mich vor dem Aufwand gefürchtet hatte. Aber irgendwann wollte ich damit durch sein. Als mir dann die Idee kam, mich dabei mit Notion zu unterstützen, war ich wieder motiviert. Und wie sich gezeigt hat, war die Umstellung damit kein Drama.
Klar, ein bisschen Aufwand hat es schon gemacht, die ganzen Kontobewegungen durchzuschauen. Doch mit Notion war das deutlich einfacher als selbst in Excel. Die Flexibilität von Notion in der Strukturierung und Darstellung von Daten hat mich wieder überzeugt.
Zurück zur Ausgangsfrage: Reichen E-Mail, Excel und Branchensoftware für die Arbeit im Office? Kaum. Ich würde nicht verzichten wollen auf ein Tool wie Notion. Es hat den Aufwand sicher auf 30% oder weniger verringert. Wer würde diesen Vorteil missen wollen?
Ich kann sie also nur motivieren, für die unendlich vielfältigen Aufgaben im Office, nicht zu sehr an “Standard-Tools” zu hängen. Lassen Sie Ihren Blick schweifen. Es gibt mehr Tools unter der Sonne als das, was Microsoft anbietet oder worauf Sie Ihre IT-Administration beschränken will. Wenn Sie sich die Arbeit leichter machen wollen, kommen Sie nicht umhin, weitere Tools in Ihren Werkzeugkasten aufzunehmen. Gern beraten Sie Andrea Kaden und ich dabei.