Svens Produktion has teilweise massive Überkapazität. Carsten sitzt die meiste Zeit nur herum. So war das nicht gedacht. Immerhin ist er mit seiner Qualifikation der teuerste Angestellte (3000€/Monat). Seine Arbeit ist entscheidend, auch wenn sie pro Gerät nur den geringsten Anteil hat (1h).
Eine Reduktion der Lohnkosten durch Outsourcing mag keine so gute Idee gewesen sein, weil darunter die Qualität leiden würde und auch noch die Touch Time gestiegen wäre. Mit seinen Erkenntnissen kann Sven es ja aber nochmal anders probieren…
Den Net Profit erhöhen durch Abbau von Überkapazitäten?
Wenn Amir und Carsten im Moment vor allem Däumchen drehen, warum sollen sie dann eine volle Stelle haben? Beide wollten eine, es schien auch das Normalste von der Welt, Angestellte exklusiv unter Vertrag zu haben, doch wie Sven nun realisieren muss, war das vielleicht eine “Gründersünde” im ersten Enthusiasmus.
Aber es ist ja noch nicht zu spät. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Carsten könnte auf eine halbe Stelle gehen, Amir auf eine zwei Drittel Stelle. Das würde einiges bei den Operating Expenses einsparen:
Wow! 44% mehr Net Profit wären mit dieser Maßnahme drin. Das wäre Gewinn ohne Reue. Kein Verlust von Kompetenz, keine Erhöhung der Touch Time.
Allerdings… Die Überlastung bliebe bestehen. Beate würde immer noch den Durchsatz bestimmen: maximal 3,2 Geräte könnten produziert werden. Mit der aktuellen Auftragslage von 80 Geräten pro Monat würde sich die Lieferzeit weiterhin stetig verlängern. Zwar würde Sven nicht mehr fürs Rumsitzen von Amir und Carsten bezahlen — doch die Kunden würden zunehmend unmutig. Allemal, wenn die Auftragslage sich noch verbessern würde.
Nein, das scheint auch noch nicht die Lösung zu sein. Net Profit und Lieferzeit müssen verbessert werden.
Am Engpass optimieren
Jetzt bleibt nur noch eine Stellschraube übrig: Beates Prozessschritt. Sven muss es irgendwie schaffen, dass Beate schneller wird mit ihrer Arbeit. Oder allgemeiner: mehr Geräte schafft pro Tag.
Eine Möglichkeit wäre, ihr mehr zu bezahlen, damit sie pro Tag nicht nur 8 Stunden, sondern vielleicht 10 oder 12 arbeitet. Alternativ könnte Sven versuchen, eine zweite Kraft für den zweiten Produktionsschritt zu finden; auch damit stiege die Kapazität. Allerdings stiegen auch dann die Kosten.
Geht es nicht billiger?
Sven springt über seinen Chef-Schatten und lädt seine Angestellten zu einem Pizzaabend ein. Er will sich nicht länger allein mit diesem Problem belasten. Vielleicht ist er betriebsblind oder sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Vielleicht haben die, die die Produktion stemmen, aus ihrer Innensicht eine Idee…
Und tatsächlich: Amir, Beate und Carsten freuen sich, dass Sven endlich mit ihnen spricht. Ihre Laune war über den letzten Monat zusehens schlechter geworden und sie wollten umgekehrt schon das Gespräch mit Sven suchen. Beate fühlte sich sehr unter Druck und unterbezahlt; Carsten fühlte sich massiv unterfordert und war am überlegen, den Job zu wechseln trotz guter Bezahlung bei Sven. Amir war frustriert sehen zu müssen, dass die von ihm zügig begonnenen Geräte länger und länger brauchten, um fertig zu werden.
Beide Seite sind überrascht, von der Unzufriedenheit der anderen zu hören. Gut, dass sie nun im Gespräch sind. Es sollte doch mit dem Teufel zugehen, zusammen keine Lösung zu finden.
Sven präsentiert den Dreien seine bisherigen Optimierungsüberlegungen, auch wenn ihm ein wenig mulmig ist, dabei immer wieder den Net Profit zu erwähnen. Was, wenn seine Angestellten sehen, wie hoch der ist. Weckt das nicht Begehrlichkeiten?
Doch die Sorge erweist sich als unbegründet. Seine Mitarbeiter verstehen, dass Sven den Net Profit nicht für Nette Parties einsetzt, sondern sich selbst anfangen möchte überhaupt ein Gehalt zu zahlen und auch Geld braucht für Investitionen. Bisher hatte er aus eigenem Ersparten vorfinanziert, wo es nötig war; die ersten Monate waren nicht einfach.
Die Diskussion bleibt also sachlich. Der Fokus ist klar: Was kann am Produktionsprozess getan werden, damit Beates Kapazität steigt. Kann etwas getan werden, dass womöglich keine zusätzlichen Kosten generiert?
Nach einigem Grübeln sehen Svens Mitarbeiter tatsächlich eine Lösung: Sie könnten die Arbeit etwas umverteilen. Dadurch würden sogar drei Probleme gelöst werden: Beate würde entlastet, Carsten würde sich nicht so unterfordert fühlen und Amir weniger Frust schieben, weil es besser flutscht.
Ihre Idee ist folgende:
Amir kann etwas mehr Arbeit übernehmen, die bisher bei Beate lag. Seine Beschäftigung im Prozess wüchse auf 1,75 Stunden; das wären knapp 17% mehr Arbeit pro Gerät.
Carsten kann auch etwas von Beates Arbeit übernehmen. Sein Anteil wäre nun 1,5 Stunden oder 50% mehr pro Gerät.
Dadurch würde Beates Aufwand um 20% sinken auf 2 Stunden.
Das Resultat wäre eine auf 4 Geräte/Tag erhöhte Kapazität für Beate. Sie würde 25% mehr schaffen. Damit wäre sie zwar immer noch die Engpass-Ressource, doch die Überlastung bei der derzeitigen Auftragslage würde verschwinden.
Und das Beste an dem Vorschlag: Er kostet keinen Pfennig.
Aber was ist mit der Touch Time? Sven fällt auf, dass die um 5% auf 5,25 Stunden gestiegen ist. Beate, die nun für ihre Engpass-Rolle sensibilisiert ist, kann Sven beruhigen: Nein, es ist nicht entscheidend, dass die Touch Time steigt, solange die Zeit am Engpass sinkt. Der Engpass ist für den Durchsatz verantwortlich und damit für die Lieferzeit, nicht die Touch Time. Solange zu der noch Wartezeiten durch Überlastung des Engpasses kommen und die Flow Efficiency sinkt, ist sie unerheblich.
Sven ist begeistert. Das Lieferzeitproblem würde gelöst. Endlich.
Allerdings… Auch wenn diese Lösung keine Kosten verursacht, so generiert sie auch keinen weiteren Umsatz. Der Net Profit ist unverändert.
Das sehen die Mitarbeiter auch, schauen jedoch darüber hinaus: Es würde nun Überkapazität geben. Nicht nur, könnten damit die aktuellen 80 Aufträge pro Monat ohne Lieferzeitanstieg entspannt bearbeitet werden, es wäre auch noch Luft für neue Aufträge. Sind die nicht das, was Sven will, sich bei den anderen Optimierungen nur nicht getraut hat zu denken?
Um genau zu sein wäre dann eine Überkapazität für 8 weitere Aufträge vorhanden. Die Zahl der monatlichen Bestellungen könnte also auf 88 klettern, ohne dass es wieder zu einer dramatischen Entwicklung der Lieferzeiten käme. Dadurch würde der Net Profit um knapp 27% steigen. Ist das nichts?
Doch, das ist was, muss Sven zugestehen. Andere Optimierungsansätze haben zwar durchaus mehr Net Profit Zuwachs versprochen, doch sie alle haben darunter gelitten, den Engpass nicht entlastet zu haben. Das existierende Lieferzeitproblem sind sie nicht angegangen. Falls durch sie oder auch anderweitig mehr Bestellungen eintrudeln würden, wären die Kunden schnell noch unzufriedener geworden.
Svens Fazit
Der Pizzaabend mit seinen Mitarbeitern war ein voller Erfolg. Sven fühl eine Last von seinen Schultern genommen. Er sieht nun klar, wo Verbesserungen in seinem Unternehmen ansetzen müssen: am Engpass.
Solange am Engpass nicht mehr Kapazität entsteht, ist der Durchsatz auf das Ziel hin begrenzt. Der Engpass ist der Hebelpunkt. Alle anderen Schrauben sind deshalb nicht wertlos, aber zumindest zweitrangig. An ihnen zu stellen, kann temporär entlasten, ist letztlich jedoch nicht zukunftsträchtig. Wenn er sich Wachstum dessen wünscht, was der Engpass begrenzt, dann muss der Veränderungsfokus dort liegen.
Wie wichtig der Engpass ist für alle Optimierungen, ist Sven jetzt klar geworden. Doch das heißt ja nicht, dass andere Maßnahmen nicht unterstützend ebenfalls in Anschlag gebracht werden können. Das Eine tun, das Andere aber nicht lassen. Was sollte dagegen sprechen — solange der Engpass im Blick behalten wird.
In einer letzten Simulation dreht Sven deshalb an fast allen Schrauben:
Er senkt den Verkaufspreis um knapp 3%, um mehr Aufträge anzuziehen.
Er senkt die Einkaufskosten um 10%, um den geringeren Verkaufspreis zu kompensieren. Allerdings muss er dann mehr Kapital im Lager binden.
Außerdem erhöht (!) er die Operating Expenses durch Miete einer Maschine, die in der Produktion hilft. Carsten tut weiter etwas mehr pro Gerät, aber Beate wird deutlich entlastet. Es sinkt sogar die Touch Time. Dadurch entsteht eine Überkapazität, die es erlaubt, bis 100 Aufträge pro Monat stressfrei zu bearbeiten.
Auch wenn dieses Maßnahmenbündel etwas kostet, so ist das Geld gut aufgewandt. Der Net Profit steigt um fast 67%.
Die Grundlage dafür ist die erhöhte Engpasskapazität. Sie erfordert zwar höhere Operating Expenses, doch die werden mehr als kompensiert durch das Potenzial für Auftragswachstum. Nur deshalb lohnt eine Preissenkung, die mehr Bestellungen anziehen soll.
Mit dem Hebel am Engpass ist der Kunde im Blick:
Der Preis kann sinken,
die Qualität ist nicht unter Druck durch Hektik und
die Lieferzeiten sinken.
Was könnte man daran nicht mögen?
Sven kann die Zukunft wieder rosig sehen. Er fühlt sich gewappnet für die nächsten Turbulenzen. Jetzt weiß er, wo er zuerst hinschauen muss.
Schön zu sehen, dass auch Svens Geschichte ein Happy End hat. Zweierlei hat dazu beigetragen: Erstens die Erkenntnis, dass Optimierung vom Engpass aus gedacht werden muss. Geschieht das nicht, sind andere Optimierungen im besten Fall Verschwendungen, im schlechteren weitere Belastungen für einen ohnehin überlasteten Engpass. Zweitens das Erlebnis, wie die Einbeziehung seiner Mitarbeiter eine konkrete Lösung gebracht hat. Ihre Erfahrung mit der Produktion hat den Ausschlag gegeben. Aus seiner Führungsposition heraus konnte Sven nicht so klar erkennen, was machbar ist. Dass er dafür “Karten auf den Tisch legen” musste, war ihm zwar anfangs etwas unangenehm, wurde am Ende jedoch durch die Lösung mehr als aufgewogen. In Zukunft will er nicht wieder so lange warten mit Offenheit gegenüber den Mitarbeitern.