In 3 Schritten zur erfolgreichen Veränderung
Ist das nicht eine Überschrift, die verlässlich Aufmerksamkeit anzieht?😉 Wer würde sich nicht gern in der einen oder anderen Weise verändern wollen? Irgendwo könnte immer etwas irgendwie besser werden, im Job oder im Privatleben. Doch, ach, wie schwer ist das!
Wer kommt sich nicht wie Sisyphus vor? Der Stein der Veränderung wird eine Weile den Berg hinauf gerollt, kleine Fortschritte werden gemacht. Doch der Weg bis zum Gipfel, scheint sich nicht wirklich zu verkürzen. Aus kleinen Verschnaufpausen werden längere. Die Last der Veränderung ist nach ihnen umso stärker spürbar. Und irgendwann rollt die erreichte Veränderung wieder abwärts. Regression tritt ein. Willkommen zurück im gemütlichen Elend.😫 Aber nicht für lange. Denn ein Anstoß, es wieder zu versuchen, lässt nicht auf sich warten. Ehrgeiz, Freunde, Kollegen, Vorgesetzte und Social Media motivieren auf die eine oder andere Weise, es mit einem neuen Stein der Veränderung wieder zu probieren. Und wieder. Und wieder.
Ein überschaubares Beispiel ist für mich heute morgen das Schuhe zubinden gewesen. Wie lange hat es gebraucht, bis ich verlässlich den neuen, besseren Knoten gebunden habe? Jahre!
Ein besserer Knoten für die Schnürsenkel? Ja, einer, der nicht mehr von allein aufgeht. Die übliche Schleife, die ich im Kindergarten gelernt habe, funktioniert grundsätzlich, doch lockert sie sich je nach Schnürsenkel oder Schuh oder Gangart immer mal wieder. Dann muss ich — meistens zur Unzeit — Nacharbeit leisten. Das ist nervig.
Mit dem Konarek-Knoten jedoch — benannt nach dem Outdoor-Trainer Lars Konarek, bei dem ich mal einen Kurs besucht habe —, passiert das nicht!
Was zum Teufel hat mich denn aber Jahre brauchen lassen, die Schleife aus Kindertagen aufzugeben für den besseren Konarek-Knoten?
Auf der Schuhbank heute morgen sind mir diese Faktoren eingefallen:
Im Moment des Bedarfs, d.h. beim Verlassen des Hauses, bin ich in Eile.
Im Moment des Bedarfs fällt mir das Neue Verhalten noch nicht einmal ein. Ich bin mit meinen Gedanken schon woanders. Die Kindergarten-Schleife binde ich ganz automatisch.
Falls mir das Neue doch einfallen sollte, bin ich wenig motiviert, mich darauf einzulassen. Nicht jetzt!
Ich brauche länger, den neuen Knoten zu binden als die Kindergarten-Schleife. Dafür meine ich nicht die Zeit zu haben.
Der neue Knoten kostet mich mehr mentalen Aufwand. Ich muss mich darauf konzentrieren, statt auf das, was ich eigentlich tun will.
Und noch einen weiteren Faktor gibt es, der fürs Schuhe binden aber nicht relevant ist: Es ist unklar, ob/wann Bedarf an einem neuen Verhalten auftritt.
Veränderung ist also ein Hürdenlauf. Selbst bei einer so kleinen Veränderung wie dem Binden der Schuhe stehen zumindest mir diese im Weg:
Ignoranz
Eile
Unbewusstheit
Mehraufwand
Zeit
Energie
Nicht anders ist es, wenn ich daran denke, wie ich meine Ernährungsgewohnheiten oder meine Fitnessaktivitäten oder meinen Umgang mit digitalen Tools verändern will.
Die Hürden aus dem Weg räumen
Was kann ich tun, um den Stein der Veränderung wirklich einmal auf einen Gipfel zu rollen? Oder zumindest auf einen Absatz, so dass ein dauerhafter Teilerfolg erzielt ist.
B J Fogg stellt in “Tiny Habits” diese Formel für die Verhaltensveränderung auf:
Ein gewünschtes Verhalten (B) stellt sich nur ein, wenn…
Motivation (M) dafür vorhanden ist und
die Fähigkeit (A) dazu existiert — grundsätzlich bzw. in der relevanten Situation — und
es klar ist, wann/dass das Verhalten gezeigt werden sollte (P).
Wer motiviert (M) ist, wird seine Fähigkeit (A) auf einen passenden Trigger (P) hin zum Einsatz bringen (B).
So einfach ist das also. In der Theorie.😉
Wie geht das in der Praxis? Passt das zu meiner Erfahrung mit dem Konarek-Knoten?
Ich denke, die Hürden, die mir bei meinen eigenen Bemühungen aufgefallen sind, lassen sich ganz gut zu Foggs Modell in Bezug setzen:
Schön, dass meine “Analyse” so durch die Wissenschaft gestützt ist. Nur was mache ich damit? Wie kann mir Veränderung in der Zukunft leichter fallen?
Es liegt nahe, zuerst an der Motivation zu arbeiten. Doch nicht nur bei mir gefühlt, sondern auch bei B J Fogg erforscht ist die Motivation das schwächste Glied in der Kette. Auf Motivation zu setzen und den Rest folgen zu lassen, ist schnell zum Scheitern verurteilt. Motivation ist sehr launisch. Verlässliche Veränderung sollte Motivation in der konkreten Situation nur als Prise brauchen.
Ich denke, ein Hebel muss in anderer Reihenfolge an den Stein der Veränderung angesetzt werden:
1. Ignoranz überwinden
Die erste Hürde ist die Ignoranz, d.h. die fehlende Wahrnehmung der Relevanz der Veränderung für eine Situation. Wie gesagt, beim Binden der Schuhe, ist das kein Thema. Dass der Konarek-Knoten in dem Moment relevant ist, wenn ich den Schuh anziehe und den Schnürsenkel in die Hand nehme, ist unzweifelhaft.
Anders ist es mit anderen Veränderungen, z.B. dem aktiven Zuhören oder der Meditation. Das Gespräch mit dem Kunden oder das Warten an der Bushaltestelle mögen einfach nicht so nahelegen, dass ein verändertes Verhalten angezeigt ist. Dann wird die Chance für das Neue ignoriert.
Was kann man dagegen tun? Mir fällt zweierlei ein:
Reflexion: Periodisch, z.B. am Ende eines Tages oder einer Woche, kann ich mich besinnen und zurückschauen, ob ich Situationen für eine Veränderung ignoriert habe. Dann ist das Kind zwar schon im Brunnen, doch durch wiederholte Reflexion steigt die Chance, dass ich beim nächsten Mal sensibler bin.
Accountability Partner: Jemand anderes kann mir bei der Reflexion oder in bestimmten Kontexten helfen, die Situationen für das Neue zu identifizieren.
B J Fogg dreht den Spieß sogar um. Er empfiehlt, das Neue — wenn möglich — an Situationen zu koppeln, die klar identifizierbar sind. Also erst eine triggernde Situation festlegen — z.B. nach dem Zähneputzen, nach dem Mittagessen, am Freitag morgen —, dann eine passende Veränderung anhängen.
Auch ein Kalender kann dabei helfen, in dem man einen Termin fixiert.
2. Unbewusstheit überwinden
Wenn Situationen identifiziert sind, kann geistige Abwesenheit immer noch dazu führen, dass ich mich nicht an das Neue erinnere. Eigentlich ist die Situation klar, doch ich bin mit meinen Gedanken woanders.
Wenn die Situation für die Veränderung gestaltet wurde, ist das kein Problem (z.B. Termin im Kalender). In anderen Fällen besteht aber die Gefahr, das neue Verhalten wieder und wieder zu vergessen.
Also helfen… Erinnerungen. Am besten dort, wo das neue Verhalten wahrscheinlich relevant ist. An den Konarek-Knoten hätte mich z.B. ein Zettel im Schuh erinnern können. An meinen Wunsch, öfter zu meditieren, kann mich ein Bildschirmschoner erinnern. An die konsequentere Nutzung des Kalenders kann mich eine wiederkehrende Aufgabe mit Benachrichtigung erinnern, die ich mir in einem motivierten Moment für die nächsten Wochen einrichte.
Ich nenne diese Erinnerungen manchmal Kanbans in Anlehnung an die Kanban-Methode. Ganz bewusst platziere ich mir etwas in meinem Weg, um ein Verhalten nicht zu vergessen. Quasi eine Stolperfalle. Ich stelle mir z.B. den Müllsack abends vor die Wohnungstür, um morgens garantiert daran zu denken, den Müll rauszubringen.
Früher wurde mal empfohlen, einen Knoten ins Taschentuch zu machen. Das war auch ein Kanban, nur funktioniert es nicht so gut: Erstens habe ich kein Stofftaschentuch mehr. Zweitens ist ein Knoten so unspezifisch. Bei all dem, was ich erinnern will, ist mir schnell unklar, wofür der eine Knoten steht.
Kreativität ist also bei Kanbans gefragt.
Und es hilft am Ende natürlich auch wieder Reflexion, um Unbewusstheit zu überwinden. Ignoranz und Unbewusstheit liegen oft nahe beieinander. Am Ende einer Periode lohnt die Rückschau: Wie ist es mit dem Bewusstsein gelaufen in Bezug auf die Veränderung? Ich weiß, wann das Verhalten gefragt ist, habe ich aber auch dran gedacht? Das sensibilisiert.
3. Mehraufwand überwinden
Jetzt wird’s ungemütlich: Der Mehraufwand für das Neue kann nur reduziert werden durch… Übung. Üben, üben, üben, nur so gehen veränderte Verhaltensweisen in Fleisch und Blut über.
Es braucht Training, damit Neues mit dem Bisherigen gleichziehen kann — oder es sogar übertrifft.
Training ist für mich per Definition jedoch getrennt vom Einsatz. In der Situation, wo eine neue Verhaltensweise ihren Segen entfalten soll, ist eben gewöhnlich nicht die Zeit, sich laienhaft und ungeübt auf sie einzulassen. Wenn das Neue nicht so geschmeidig von der Hand geht wie das Alte, ist der Widerstand hoch, es in der stets knappen Zeit zu tun.
Natürlich ist damit zu rechnen, dass das Neue auch im ersten ernsten Einsatz noch etwas sperrig ist. Wenn sich das aber in Grenzen hält, ist es ok.
Damit es sich in Grenzen hält, ist eine vorherige Investition nötig: Training. Es braucht eine auf das Üben konzentrierte Zeit vor und unabhängig vom Ernstfall. In dieser Zeit kann das Neue “alle Zeit der Welt” brauchen. In dieser Zeit sind Fehler erlaubt. Ein Training bietet einen geschützten Raum, in dem die nötige Geschmeidigkeit in u.U. vielen Wiederholungen entwickelt werden kann.
Manches kann ich selbst üben. Für anderes ist eine Unterstützung durch einen Trainer nützlich. In jedem Fall muss ich jedoch in meinem Kalender dafür Zeit schaffen.
Wer z.B. seine Aufgabenverwaltung zukünftig konsequent mit einem Trello Board statt auf tausend Zetteln machen will, muss den Umgang mit Trello lernen. Konzepte, Strukturen, Handgriffe sind zu üben — ohne, dass damit gleich der Arbeitsalltag durcheinander geraten würde.
Das - braucht - Zeit!😨
Wer die Zeit für’s Üben nicht aufbringen will, reduziert die Chance dramatisch, erfolgreich eine Veränderung herbeizuführen. Der Stein, der den Berg hochgerollt werden soll, wird nicht leichter, nicht kleiner. Nur explizites Training reduziert den Mehraufwand, der das Neue vom Bisherigen so lästig unterscheidet.
Nicht nur muss also Zeit für Reflexion gefunden werden, nein, es braucht auch noch und wahrscheinlich sogar mehr Zeit für’s Training. Wenn ich die nicht im Kalender fest verankere, kann ich mir den Vorsatz zur Veränderung im Grunde sparen. Ich werde über Kurz oder Lang gefrustet wieder am Fuße des Berges vom Stein geplättet liegen.
Und was ist mit der Eile?
Dass ich in dem Moment, in dem ich vom Neuen profitieren könnte, oft in Eile bin und meine, keine Zeit dafür zu haben, wenn ich es denn als relevant erkenne und mich erinnere, ist eine Folge mangelnder Fähigkeiten (B J Foggs Ability).
Das Bisherige geht mir flüssig von der Hand. Ich bin darin gut genug, um die aktuelle Situation zu bewältigen. Das Neue wäre sperriger. Also entscheide ich mich für den ausgetretenen Pfad.
Wenn ich beim neuen Verhalten jedoch genauso geschmeidig bin wie beim bisherigen, wenn ich damit sogar schneller bin… dann ist knappe Zeit für mich kein Hindernis mehr. Ich brauche dann keine große Motivation für das Neue.
Durch Training bringe ich meine Fähigkeit zum Neuen auf das Niveau des Alten. Durch Reflexion und Erinnerungswerkzeuge bringe ich mich dem Einsatz immer näher. In der konkreten Situation muss ich mich dann nicht mehr überwinden (Motivation, Disziplin).
Das ist das Ziel.
Das neue Verhalten ist genauso natürlich wie das bisherige — nur in einiger Hinsicht besser. Beim Konarek-Knoten liegt die Qualität darin, dass mir der Schuh nicht mehr aufgeht. Bei einer besseren Ernährung sind es vielleicht weniger Krankheitstage. Bei der Benutzung von Trello für die Aufgabenverwaltung sinkt die Unzuverlässigkeit und werden Konflikte reduziert.
Beim nächsten Mal systematischer
Was hat meine Veränderung hin zu besser gebundenen Schuhen so lange dauern lassen? Mir hat es schlichtweg an Training gemangelt. Die Vorteile waren für mich zwar offensichtlich, dennoch habe ich mir die Zeit nicht genommen, den Konarek-Knoten richtig zu üben.
Mir war die dadurch gesparte Zeit — max. 20-30 Minuten für Training — wichtiger, als der jahrelange Frust, den ich immer wieder mal gespürt habe. Verrückt, oder?
Ich hoffe, in der Zukunft mache ich es besser. Meine obige Reflexion zeigt mir klare Ansatzpunkte.
Im Moment anfänglicher Motivation mache ich mir bewusst, dass es Training braucht. Will ich diesen Aufwand treiben? Wirklich? Dann muss ich mir dafür sofort Zeit im Kalender nehmen.
Anschließend mache ich mir Gedanken, wo und wann genau meine neue Fertigkeit zum Einsatz gebracht werden kann.
Für diese Gelegenheiten schaffe ich mir Erinnerungen daran, dass ich wirklich das Neue anzuwenden versuche — in dem ich durchs Training genügend flüssig geworden bin, dass es mich nicht zu sehr behindert.
Schließlich plane ich auch Reflexionen ein, um mir über den Erfolg der ersten drei Schritte einen Überblick zu verschaffen. Das sind die Momente, in denen ich feiern darf und sollte, wenn ich feststelle, dass ich mich tatsächlich verändere — sagt Experte B J Fogg.🥳
Ja, ich denke, in dieser Weise kann ich systematischer mit Veränderungswünschen umgehen. Ich will die Wahrscheinlichkeit erhöhen, das Gute durch das Bessere zu ersetzen.💪
P.S. Bevor ich’s vergesse. Du bist sicher schon ganz gespannt.😉 Hier der Konarek-Knoten in ein paar Bildern:
Es geht los mit ungebundenen Schnürsenkeln.
Zuerst ein ganz normaler Knoten, der sog. “Harfenknoten”:
So sieht auch der Anfang für eine normale Schleife aus:
Jetzt gilt’s!
Das ist der Ausgangspunkt für den Konarek-Teil des Knotens. Die Schnürsenkel bilden ein “O”:
Hier ist der besondere Kniff: Ein Ende des Schnürsenkels wird halb durch das “O” gezogen. Nur so weit wie im Bild!
Dieses “Ohr” ist wichtig!
Denn das muss jetzt auch auf der anderen Seite hergestellt werden. Dort ist es ein bisschen tückisch, weil das andere Ende der Schnürsenkel jetzt von oben durch das “O” gewunden werden muss. Es ist aber wirklich dasselbe:
Jetzt nur noch an den “Ohren” ziehen:
Fertig ist der Konarek-Knoten!
Nie wieder über offene Schnürsenkel stolpern!😁
Jetzt bist du dran! Versuche es einmal.