Sind niedrigere Einkaufspreise ein Weg aus Svens Gründungssituation, in der der Net Profit noch schwach ist und die Lieferzeiten immer länger werden — weil sein Produkt ein Erfolg ist? (vgl. Episode 1 der Staffel)
Sven sieht ein Potenzial in besseren Einkaufspreisen; was sollte an einem dadurch steigenden Net Profit falsch sein? Allerdings muss er auch mehr Kapital im Lager binden und muss mehr Einnahmen generieren. Dazu müsste er mehr verkaufen, was andererseits wieder Druck auf die Produktion machen würde.
Mehr Net Profit durch höheren Verkaufspreis?
Oder, nein, er muss nicht unbedingt mehr Geräte verkaufen, um mehr Einnahmen zu machen. Mit einer Preiserhöhung könnte Sven den selben Effekt erreichen. Was, wenn er den Verkaufspreis (VK) um 10% erhöht?
Sven spielt den Gedanken durch:
Das sieht nicht schlecht aus. Mit einem höheren VK steigt der Net Profit um fast 30%, selbst wenn er annimmt, dass die Preissteigerung zu einem Auftragsrückgang um 10% führt.
Mit diesem Schachzug würde er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: mehr Geld “in der Tasche” und weniger Druck auf der Produktion. Die Lieferzeiten würden wieder sinken.
Aber ist das wirklich eine gute Idee? Je länger er darüber nachdenkt, desto skeptischer wird Sven. Sein Geschäft richtet sich an Endverbraucher. Er verkauft kein Premiumprodukt. Seine Zielgruppe sind keine Nerds, die gern auch mal mehr ausgeben, wenn sie etwas cool finden. Durch Preiserhöhungen den Net Profit erhöhen zu wollen, ist deshalb ganz klar gedeckelt. Und je höher er mit dem Preis geht, desto angreifbarer wird er dort für Wettbewerber, die bestimmt nicht lange auf sich warten lassen.
Ein höherer Preis ist letztlich wachstumsbegrenzend. Ohne weitere Innovation, für die er gerade keine Zeit hat, ist der Preis selbst begrenzt. Und je höher er ihn schraubt, desto enger begrenzt wird die Zahl der Auftragseingänge. Schon für sein Beispiel hat er dort 10% Reduktion angenommen.
Anders als bei der Einkaufspreisoptimierung liegt der Effekt einer Preiserhöhung hauptsächlich außerhalb seiner Kontrolle. Eine Verbesserung des Net Profit darüber scheint Sven fragil und kurzlebig.
Es muss einen anderen Weg nach vorne geben…
Mehr Net Profit durch geringeren Verkaufspreis?
Was würde denn bei einer gegenteiligen Veränderung des Verkaufspreises passieren? Wenn er den Preis senkt, kann der Net Profit trotzdem steigen, weil das Produkt attraktiver wird und es mehr Leute kaufen. Ein geringerer Preis könnte zu mehr Aufträgen führen, die die Preissenkung überkompensieren.
Tatsächlich: Wenn Sven den VK um 5-6% senken würde, könnte er eine vergleichbare Net Profit Steigerung erreichen, wie durch eine Preiserhöhung — allerdings nur, wenn die Auftragseingänge um 35% stiegen.
Ob das realistisch ist? Würde der Markt so enthusiastisch auf eine so kleine Preisreduktion reagieren? Das findet Sven zweifelhaft.
Viel schlimmer jedoch: Wenn schon heute 80 Aufträge zu größer werden Lieferzeiten führen, kann es bei 105 Aufträgen ja nur noch schlimmer werden. Sven müsste einen Teil des gestiegenen Net Profit sofort in einen Ausbau der Produktionskapazität investieren. Der gewünschte Effekt wäre also nur sehr vorübergehend.
Nein, am Preis zu drehen, scheint derzeit keinen Sinn zu machen. Aber was dann?
Outsourcen zur Kostensenkung?
Den Preis hat Sven unter Kontrolle und die Kosten. Den Preis in die eine oder andere Richtung zu bewegen, ist kein Erfolgsrezept, wie es scheint. Den Einkaufspreis zu drücken, schien erfolgsversprechender. Vielleicht sollte er nach den Materialkosten die Fixkosten (Operating Expenses) in den Blick nehmen. Sven überlegt sich also, ob er durch Outsourcen die reinen Produktionskosten für mehr Gewinn drücken kann. Festangestellte Mitarbeiter sind teuer — das weiß doch eigentlich jedes Kind. Lohnkosten! Wie die Unternehmern den Schlaf rauben, kann man jeden Tag in der Presse lesen.
Warum hatte er sich bei Gründung eigentlich für Angestellte entschieden? Es schien ihm irgendwie normal, dass eine Firma Angestellte hat in der Produktion, also für das Kerngeschäft. Natürlich hat er keinen Buchhalter angestellt. Mit Angestellten lässt sich die Qualität besser kontrollieren, dachte er. Und Angestellte verleihen auch einen gewissen Status; mit ihnen ist er wirklich Unternehmer, nicht nur ein Freiberufler. Ja, er will zugeben, dass er auch ein bisschen stolz darauf ist, sich Angestellte leisten zu können.
Aber vielleicht war das dann eben doch keine so gute Idee. Was will er denn? Stolz sein oder wirtschaftlich erfolgreich? Angestellte sind letztlich — so nett sie sein mögen — auch nur ein Mittel, um zu produzieren. Wenn er die Produktion auslagern kann an einen Dienstleister und dadurch mehr verdient, wechselt er einfach das Mittel zur Erreichung seines Erfolges. Das ist nur rational, oder?
Also, wie würden sich die Zahlen entwickeln, wenn er die Produktion outsourcen würde?
Sven scheinen 20% Senkung der Arbeitskosten machbar. Die würden ihm einen Net Profit Zuwachs von 33% bescheren. Das klingt sehr gut.
Allerdings hat das Outsourcen einen Preis: die netto Produktionszeit pro Gerät (TT = Touch Time) würde sich um 10% verschlechtern. Aus heute 5h würden 5,5h.
Ist das aber schlimm? Immer noch könnte jedes Gerät innerhalb eines Tages gefertigt werden. Die Kunden würden diese Verschlechterung nicht bemerken.
Oder?
Sven muss erkennen, dass er es eigentlich gar nicht so richtig weiß. Die Kunden kennen die Produktionszeit heute nicht; was sie spüren, ist die Lieferzeit. Gibt es zwischen beiden einen Zusammenhang? Wenn heute bei konstanten 5h Touch Time die Lieferzeit schon stetig steigt… würde sie dann nicht noch weiter/schneller steigen, wenn die Touch Time auf 5,5h wüchse?
Das ist eine Sache, über die Sven mal nachdenken muss. Was haben Touch Time und Auftragseingänge und Lieferzeit miteinander zu tun? Sven macht sich klar: Net Profit ist wichtig, doch er darf darüber das Lieferzeitproblem nicht vernachlässigen.
Was wollen Kunden?
Einen guten Preis,
hohe Qualität,
und schnelle Lieferung.
Ein guter Preis ist eher ein geringerer als heute; hohe Qualität entsteht eher durch inhouse Produktion. Damit fallen Preissteigerung und Outsourcing als Stellschrauben für eine Verbesserung der Situation aus.
Es bleiben: Preissenkung und Reduktion der Materialkosten. Beides verspricht mehr Net Profit und die Qualität muss darunter nicht leiden. Allerdings erfordert eine Preissenkung eine Steigerung der Produktion. Die Lieferung kommt noch weiter unter Druck.
Sven merkt, dass er nicht umhin kommt, sich mit der Produktion zu beschäftigen. Er kann sie nicht länger als Black Box betrachten, an deren Preisen er außen herum schraubt.
Was wird Sven finden, wenn er sich der Produktion zuwendet? Liegt darin der Schlüssel zur gleichzeitigen Lösung beider Probleme: einer Steigerung des Net Profit und einer Verbesserung der Lieferzeit? Seien Sie gespannt auf die nächsten Episoden der zweiten Staffel von “Tanz um den Engpass”. Wenn Sie die nicht verpassen wollen, dann…